Farbbilder

Kunst und Collagen aus Zeitungspapier

Bild 436: 60x80 cm, 2021

Meine Farbcollagen entstehen ausschließlich aus Zeitungspapier – Farbe gelesen im Druckraster der Tagespresse.

Einführung

Täglich zerschneide ich Zeitungen. Aus Werbeseiten, Bildstrecken und kleinen Farbfeldern schneide ich Raster, Balken und Fragmente heraus und setze sie zu neuen Bildgefügen zusammen. Jede Collage besteht damit aus bereits gedruckter Farbe, die ich aus ihrem ursprünglichen Kontext löse und neu ordne.


Die Papiere kaschiere ich auf Triplexpappe, sodass reliefartige Oberflächen entstehen: Farbfelder, die zugleich Bild und Objekt sind. Mich interessiert dabei die Spannung zwischen der Flüchtigkeit des Mediums Zeitung und der körperlichen Präsenz der fertigen Arbeit – zwischen schnell konsumierter Information und langsam gebautem Bild.


Inhaltlich knüpfen die Farbcollagen an die Tradition der Collage und Assemblage an, von Picasso und Braque bis zu Hannah Höch und Kurt Schwitters. Entscheidend ist für mich jedoch die konsequente Beschränkung auf Zeitungspapier: Aus dem täglichen Bilder- und Anzeigenstrom entstehen autonome Farbräume, die ihre Herkunft nicht verleugnen und doch etwas Eigenes behaupten.

Serie: Weltfell

Weltfell – Zeitungsfelle aus der Welt

Die Werkserie „Weltfell“ setzt bei einem scheinbar bescheidenen Material an: schmalen, auf Triplexpappe kaschierten Streifen aus der Tageszeitung Die Welt. Diese auf Holzträger montierten Zeitungsstreifen werden so dicht und überlappend geschichtet, dass sie eine Oberfläche bilden, die zugleich an Fell, Gewebe und Wasserfall erinnert. Was ursprünglich Träger tagesaktueller Informationen war, verwandelt sich in eine sinnlich erfahrbare Haut der Welt – eine Oberfläche, in der sich Zeit, Nachrichtenfluss und Materialgeschichte sedimentieren.


In ihrer seriellen Anlage knüpfen die „Weltfelle“ an kunsthistorische Positionen an, in denen Wiederholung und Verdichtung eine zentrale Rolle spielen: an die strukturierten Farbfelder eines Mark Rothko, an die rhythmischen Raster von Agnes Martin oder an die textilen Bildflächen einer Anni Albers. Doch während dort Farbe, Linie oder Faden den Bildraum organisieren, sind es hier Zeitungsstreifen, deren bedruckte Geschichte unter der Farbigkeit nur noch als feines, beinahe geheimes Flimmern anwesend ist. Die Collagen operieren damit zugleich als abstrakte Farbfelder und als Archiv des Sichtbaren – ein Stillstand im permanenten Strom der Bilder und Schlagzeilen.


Der Entstehungsprozess ist langsam, fast asketisch: Tausende von Streifen werden zugeschnitten, auf 1,5 Millimeter starke Pappen kaschiert, Schicht für Schicht verklebt, verdichtet, geglättet oder bewusst unruhig belassen. Nach einem Arbeitstag ist die Veränderung oft nur minimal – wie bei einem Teppich oder Fell, das Faser um Faser wächst. In jedem „Weltfell“ wird so Zeit buchstäblich eingearbeitet: als handwerkliche Dauerleistung, als sedimentierte Aktualität der Zeitung und als stille Antwort auf die Flüchtigkeit medialer Ereignisse. Die fertigen Arbeiten erscheinen wie konzentrierte, atmende Bildkörper, in denen das Rauschen der Welt zu einer eigenständigen, präzise komponierten Oberfläche geworden ist.

Weitere Werke mit Zeitungsstreifen

Serie: Klassische Vielfalt

Vielfältige Vervielfältigungen

Grundlage der Serie ist die Neuinterpretation bedeutender Werke der Kunstgeschichte. Für diese Serie verwandle ich bekannte Bilder in aufwendige Zeitungscollagen. Jedes Werk wird aus vielzähligen Zeitungsausschnitten des Originals gefertigt und auf Holz montiert.

Odilons Papillons

Schmetterlinge im Neon-Gewitter der Reproduktion

Mit „Odilons Papillons“ nimmt meine Zeitungscollage das Gemälde „Papillons“ von Odilon Redon beim Wort: den Schmetterlingsschwarm. Doch hier flattern keine gemalten Insekten, sondern Aberhunderte aufkaschierter Zeitungsquadrate. Dazu habe ich etwa 150 Abbildungen der „Papillons“ in kleinste Teilchen zerschnitten und zu einem neuen, überbordenden Farbfeld verdichtet. Das ursprüngliche Bild liegt mir nicht als „Original“, sondern als massenhaft vervielfältigte Reproduktion im Druckraster der Zeitung vor.


Die Collage steht damit in einer Traditionslinie, die von Redons Symbolismus über die farbaufgelösten Bilder Seurats bis hin zu digitaler Bildlogik reicht – nur dass jeder „Pixel“ aus bedrucktem Zeitungspapier besteht, dessen Schrift- und Bildreste als leises Rauschen unter der Farbigkeit weiterleben.


„Odilons Papillons“ umfasst 7.920 solcher Teilchen, deren 31.680 Ränder einzeln mit Neonfarben gefasst wurden. Allein diese Randbemalung beanspruchte mehrere Monate konzentrierter Arbeit; insgesamt habe ich über 125.000 Schnitte gesetzt, um das Bild in seine Partikel zu zerlegen und neu zu orchestrieren. Aus der Distanz erscheint eine große, flimmernde Farbwelle, näher betrachtet zerfällt sie in Quadrate, Schnipsel, Druckpunkte. So wird aus einem ikonischen Gemälde der Kunstgeschichte nicht nur eine Hommage, sondern auch eine Untersuchung darüber, was ein Bild im Zeitalter seiner massenmedialen Verstreuung sein kann: ein Schmetterlingsschwarm aus aufkaschierten Zeitungsstückchen, der das Auge buchstäblich ins Flattern bringt.

Blaue Pferde getürmt

Meine Vorgehensweise lässt sich auch anhand des Bildes Blaue Pferde, getürmt, dem Franz Marcs "Turm der blauen Pferde" zugrunde liegt, gut nachvollziehen:

Das Original, das als verschollen gilt, war auf einem Zeitungsausschnitt nur etwa 8 x 5 Zentimeter groß. Ich kaufte 110 Exemplare der Zeitung, schnitt die Bilder aus und kaschierte sie auf 1,6 Millimeter dicke Triplexpappe. Anschließend zerteilte jedes Bild in 24 Teile. So entstanden 2640 Einzelteile, deren 10.560 Ränder ich sorgfältig mit dunkler Farbe bemalte.

Die Einzelteile ordnete ich auf der Holzfläche zu einem Gitter von 10 x 11 Stück an. In dieser neuen Formation sind die blauen Pferde nicht mehr als solche zu erkennen - sie sind getürmt. Gleichzeitig erweckt die Collage durch die Masse und Vielfalt den Eindruck, als seien die Pferde aufgetürmt. So entstand der Titel meiner Arbeit: Blaue Pferde, getürmt.

Dürer, Warhol, Nay, Vermeer

Weitere Werke der Kunstgeschichte werden in ähnlicher Weise neu erschaffen.

Im Teilchenentschleuniger

Wellenteilchen in der Teilchenwelle

In dieser Serie von Zeitungs-Collagen werden Tausende von Börsenkursen ihrer ursprünglichen Bedeutung entledigt. Ihre graphischen Überreste – bloße Wellen und Linien, Berge und Täler – verwandeln sich in reine Form ohne Bewegung, werden Wellenteilchen im Teilchenentschleuniger. Was einst symbolisch für Wert, Risiko und Information stand, wird zu abstrakten Teilchen voll von erstarrter Bewegung.


Der Markt mag chaotisch erscheinen, doch er ist streng genommen die verdichtete Summe menschlicher Entscheidungen, Emotionen und Schicksale. In diesen fragmentierten Wellenteilchen sind die Ängste der Anleger, die Hoffnungen auf schnellen Reichtum und die stillen Katastrophen ganzer Nationen eingefangen. Die Kurven, die einst den Aufstieg und Fall von Unternehmen symbolisierten und das Schicksal von Staaten beeinflussten, werden hier zu stummen Zeugen eines ehemaligen Herzschlagfiebers der weltweiten Spekulation.


Durch die schiere Menge dieser Fragmente entsteht auf hölzernem Untergrund der Anschein von Bedeutung und Relevanz. Doch sie sind nur noch das, was vom großen Brimborium des Marktes übrig blieb: Wellenteilchen in der Teilchenwelle.

Quadratische Farbcollagen

Die quadratischen Farbcollagen bündeln Zeitungsfarbe zu dichten, kompakten Bildfeldern. Jedes Quadrat folgt demselben Format, doch Rhythmus, Dichte und Farbklima variieren von Bild zu Bild. So entsteht eine Reihe kleiner Farbräume, in denen sich Streifen, Raster und Fragmente überlagern.

Rechteckige Farbcollagen

Die rechteckigen Farbcollagen spielen mit Hoch- und Querformaten. Je nach Proportion tauchen Anklänge an Landschaft, Architektur oder reine Farbfelder auf. Ausgangspunkt bleibt stets die Zeitung: gedruckte Farbe, aus ihrem Kontext gelöst und zu neuen Bildräumen gefügt.

Serie: Dürer-Variationen

12 Variationen auf Albrecht Dürers Melencolia I

In den Dürer-Variationen wird Albrecht Dürers „Melencolia I“ ins Zeitungspapier übersetzt. Zwölf kleine Collagen nehmen Details des Kupferstichs beim Wort – Licht und Schatten, Zahlen, Werkzeuge, Faltenwürfe. Durch Zerschneiden, Verschieben und Neuordnen entsteht eine Folge von Hommagen, in denen sich Ernst und spielerische Lust am Experiment die Waage halten. (Siehe auch die Dürer Großcollage unter Klassische Vielfalt)

Kunstpostkarten und Mail Art

Serie: Berlin - Spreeathen

25 Collagen auf Ansichtskarten

10 cm x 15 cm

Serie: Berlin - Museumsinsel

9 Collagen auf Ansichtskarten

10 cm x 15 cm

Serie: Lehrlingscollagen

Zehn Lehrlingscollagen nach zehn Meistern

Die Lehrlingscollagen sind so etwas wie meine offene Werkstatt. Hier werden Schneiden, Kaschieren und Komponieren sichtbar erprobt: einfache Setzungen, kleine Wagnisse, Varianten eines Motivs. Viele dieser Arbeiten wirken wie Skizzen oder Studien – und zeigen gerade dadurch, wie aus tastenden Versuchen nach und nach komplexere Collagen werden.

Sammeltütensammlung

Diese Rubrik präsentiert vollständige Ensembles unscheinbarer Alltagsgegenstände: Sammeltüten, wie sie uns von Handelsketten wie REWE oder EDEKA vertraut sind. Was auf den ersten Blick wie eine schlichte Anhäufung erscheint, offenbart bei näherer Betrachtung eine Auseinandersetzung mit dem Konzept der Vollständigkeit und der subtilen Ästhetik des Seriellen.


Jede Sammlung folgt dabei streng den Vorgaben der jeweiligen Edition. Trägt eine Tüte die Kennzeichnung "1 von 25", so umfasst die vollständige Serie eben diese 25 Exemplare. Bei der Angabe "1 Tüte von 36" werden entsprechend 36 Tüten zusammengeführt. Durch diese akribische Vervollständigung wird das Flüchtige und Beiläufige – die einzelne Sammeltüte – in ein abgeschlossenes, fast schon archivarisch anmutendes Werk transformiert. Die Kaschierung auf Holz verleiht diesen Momentaufnahmen des Konsums eine zusätzliche Ebene der Dauerhaftigkeit und unterstreicht ihren neu gewonnenen Status als künstlerisches Objekt.


In der scheinbaren Wiederholung liegt eine subtile Poesie verborgen. Die minimalen Variationen in Design, Farbe oder Zustand der einzelnen Tüten innerhalb einer Serie treten hervor und erzählen so unaufdringlich Geschichten von Produktion, Vertrieb und schließlich der geduldigen Zusammenführung. Die "Sammeltütensammlung" lädt ein, die Schönheit im Gewöhnlichen zu entdecken und die konzeptuelle Stärke zu erkennen, die in der systematischen Erfassung und Präsentation dieser vergänglichen Zeugen unserer Konsumkultur liegt.



+++ Kreuz + Collage +++

Eine künstlerische Auseinander- und Zusammensetzung

Die hier gezeigte Rubrik umfasst eine Sammlung von rund 200 Kreuz-Collagen. In diesen Werken setze ich mich intensiv mit der Form und der tief verwurzelten symbolischen Tradition des Kreuzes auseinander. Die meisten dieser Arbeiten bestehen aus collagiertem Zeitungspapier, das auf Holz kaschiert ist. Viele sind als Reliefcollagen gearbeitet, was ihnen eine zusätzliche Tiefe und Textur verleiht.


Das Kreuz fasziniert mich wegen seiner universellen und archetypischen Wirkkraft. Unabhängig von religiösen Glaubensbekenntnissen ist es eine künstlerische Erkundung dieser zeitlosen Form. Jedes Werk ist ein Versuch, seine Bedeutung und seine Präsenz durch die Kombination unterschiedlicher Zeitungsausschnitte neu zu interpretieren.


Fleischkreuze: Vom Wort zum Fleisch

Die besondere Werkgruppe der Fleischkreuze bezieht sich auf eine tiefgreifende theologische Idee aus den ersten Sätzen des Johannes-Evangeliums: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. (...) Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns.“


In diesen Collagen wird die Information, das Wort, das in gedruckter Form in der Zeitung vorliegt, in eine neue physische Realität überführt. Die Fleischstücke stammen sämtlich aus den Werbeanzeigen großer Zeitungen. Die Information, die Nachricht, die Erzählung – sie alle werden durch das Schneiden, Schichten und Kleben zu einer greifbaren, fast körperlichen Form. Das Zeitungspapier, das normalerweise vergänglich und flüchtig ist, wird hier in eine neue Substanz verwandelt. Aus der zweidimensionalen Werbe-Nachricht entsteht ein dreidimensionales Fleisch, das auf dem Holzkreuz „wohnt“.


Dieser Prozess ist eine künstlerische Auseinandersetzung mit der biblischen Metapher und macht die Verwandlung von Abstraktion (Wort) zu Materie (Fleisch) visuell erfahrbar.

Fleischkreuze

Reliefkreuze

Weitere Kreuzcollagen

Kreuzcollagen in 30 x 10 cm

Serie "Kleine Kreuzcollagen"

148 Kreuze in den Maßen 15 x 10 Zentimeter